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Bis hierher und nicht weiter? Digitales Recruiting und seine Grenzen

Der Digitalisierungs-Hype geht weiter und gewinnt auch für die Personalarbeit noch mehr an Bedeutung. Chatbots, Algorithmen und künstliche Intelligenz sind aus aktuellen Diskussionen der Recruitingbranche nicht mehr wegzudenken. Wir Menschen neigen jedoch dazu, den Ergebnissen von Maschinen blind zu vertrauen. Aber vor allem bei der Auswahl des perfekten Bewerbers sollten Sie automatisierte Auswahlprozesse prüfen und hinterfragen – denn auch digitales Recruiting kommt früher oder später an seine Grenzen.

Missverständnisse vorprogrammiert?

Während viele Konzerne bereits auf neueste Technologien setzen, hinken viele mittelständische Unternehmen noch hinterher. So setzt L’Oréal bei der Personalsuche in den USA, in Großbritannien und Frankreich seit einigen Monaten konsequent auf Chatbots. Der Konzern ist überzeugt, dass der Bot durch das Stellen von Sachfragen herausfinden kann, ob der Bewerber den Anforderungen der Stellenausschreibung entspricht. Zum Problem wird das Ganze, wenn der Bewerber Fragen falsch interpretiert oder Aussagen trifft, die an anderer Stelle ausschlaggebend sein können. Chatbots oder Algorithmen sind dann nicht in der Lage, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Die Folge: Der Bewerber scheitert möglicherweise direkt zu Beginn, obwohl er das gesuchte Potenzial mitgebracht hätte – es wurde durch die Maschine nur nicht erkannt.

Gamification: Must-have oder Risiko?

Uns Menschen liegt der Spieltrieb im Blut. Mit Gamification oder auch Recrutainment können Sie sich dem Medienverhalten der Bewerber anpassen. Bei diesem Ansatz werden spielerische Elemente in den Auswahlprozess integriert. Kandidaten absolvieren spielerische Leistungstests, Orientierungsspiele oder Selbsttests. Fortschrittsbalken oder die Darstellung kleiner Etappenziele im Onlinebewerbungsprozess motiviert die Kandidaten zusätzlich. Mit Gamification können Sie eine Vorauswahl an Bewerbern treffen, sodass der Rekrutierungsprozess beschleunigt wird. Außerdem stärkt es auch das eigene Employer Branding, da Sie sich als innovativer und hipper Arbeitgeber präsentieren können. Allerdings ist dieser Ansatz keineswegs unumstritten. Experten befürchten, dass die Testszenarien nicht den realen Anforderungen entsprechen und Ergebnisse manipuliert werden können. Weiß ein Bewerber beispielsweise, dass Sie risikofreudige Kandidaten suchen, kann er passende Antworten geben, auch wenn sie nicht seine wahre Persönlichkeit widerspiegeln. Auch mit Blick auf die Diversität in Ihren Teams ist Vorsicht geboten. Wenn Systeme so zugeschnitten sind, dass immer ein bestimmter Typ gesucht wird, geht die Vielfalt verloren, die für jedes Unternehmen unabdingbar ist. Gerade erst berichtete die Presse ausführlich über den Onlineriesen Amazon, der ein automatisiertes Auswahlverfahren programmiert hat, das in der Testphase ein entscheidendes Manko aufwies: Die Maschine bevorzugte Männer, sodass sich Amazon gegen die Software entschied. Ob eine solche Technologie zum jetzigen Zeitpunkt bessere Entscheidungen als Personaler treffen kann, ist also mehr als fraglich.

Dem Trend hinterherlaufen?

Aktuell fehlen noch handfeste Nachweise, dass digital ausgewählte Bewerber die besseren Mitarbeiter sind. Deshalb sollten Sie sich fragen, inwiefern Ihnen dieser Trend nützt. Mit der Zeit zu gehen, ist gut und wichtig, aber treffen Sie auch Maßnahmen, die zum einen zu Ihrem Unternehmen passen und zum anderen Sinn machen. Bei einem Konzern, der täglich mehrere Bewerbungen verarbeiten muss, ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz für die Vorauswahl eine wichtige Hilfe. Kleine Unternehmen, die generell ein Problem damit haben, Interessenten anzulocken, sollten sich hingegen auf ihr Employer Branding, Active Sourcing und Co. konzentrieren. Machen Sie sich klar, dass Digitalisierung durchaus hilfreich sein kann, aber auch ihre Grenzen hat. Empathie und Resilienz sind nicht messbar, aber insbesondere bei Führungspositionen enorm wichtig. Ein persönliches Gespräch wird auch in weiter Zukunft noch entscheidend sein, um den richtigen Kandidaten zu finden.

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Autorin: Julia Kück

Foto: unsplash.com